The Healing Road - "Tales From The Dam"




Cat Stevens ist sicherlich abendfüllend...doch es gibt noch andere tolle Klangerzeuger!

Moderatoren: Foreigner, Butterfly

The Healing Road - "Tales From The Dam"

Beitragvon JJG » 06.02.2009, 14:27

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The Healing Road – Tales From The Dam

In den Zeiten von MP3 und CDs ist es ein besonderer Event, wenn man mal wieder ein Werk in den Händen hält, welches ein gutes altes LP-Format hat. Früher war es doch immer schön, wenn man eine LP bekam und dann auf den Plattenteller legte und beim Anhören das Cover bestaunte, die Liner-Notes aufmerksam durchlas oder die Lyrics studierte.

The Healing Road lässt uns wieder in diesen Genuss der guten alten Zeit kommen. Natürlich wird auch an die modernen Hörer gedacht, denn eine CD ist diesem Album ebenfalls beigelegt. Das Opus wird durch die vorzügliche Covergestaltung abgerundet.

Was soll man nun vom 3. Werk des Projektes um Hanspeter Hess erwarten? Ein Aufguss der Vorgängeralben? Ein Mike Oldfield-Verschnitt ? …
Was mir neben dem „Outfit“ gleich positiv auffiel, ist die Qualitäts-Steigerung in der Produktion des Albums. Trotz dem Low-Budget wurde hier ganze Arbeit geleistet, da kann sich so manche „Überproduktion“ wieder ein Beispiel nehmen.

Aber kommen wir zur Musik. Eine Dreiviertelstunde feinster Klanggebilde, die in zwei Teilen dem Hörer geboten werden. Natürlich gibt es hier auch Parallelen zu Mike Oldfield. Die Keyboard-Sounds erinnern mich aber eher an Vangelis, Tony Banks oder Rick Wright. Hess legt mit seinem Spiel Klangteppiche aus, die dem eigenen Solospiel dienen, oder Support für die diversen Gitarrenmelodien sind. Gewürzt wird diese Melange mit Realitätszitaten und Tastensequenzen und Perkussionsspiel.

Der beruflichen/studierten Vorbelastung von Meister Hess ist es auch geschuldet, dass uns das Projekt wieder auf eine musikalisch-topographische Reise schickt. Natürlich sind es wieder die Naturgewalten denen Hess und Co. huldigen, diesmal werden sie jedoch in ihre Grenzen gewiesen. Genau diese Gedanken hatte ich beim ersten Durchlauf des Albums. Der Mensch will der Natur Schranken setzen, hier in der Form eines Staudamms.

Natürlich kann ich die persönliche Affinität nicht verleugnen, weil ich selbst am größten Stausee Deutschlands wohne. Genau jene Gefühle und Bilder, die bei der Verwirklichung eines solchen Staudamms entstehen, kommen in mir hoch. Dieses wird durch das zweiteilige Werk auf musikalische Weise wiedergegeben. Die Melodien greifen ineinander, sind melancholisch, optimistisch, majestätisch und zuweilen auch fremd. Es handelt sich, wie beim letzten Werk, um keine Frickel-Orgie. Die tausend kleinen Melodien sind klar strukturiert und man kann sehr schön in sie eintauchen. Dabei erschließen sie sich alle wie bei jedem guten Album erst beim mehrmaligen Durchlauf.

Der erste Teil von „Tales From The Dam“ erscheint wie die Errichtung des Staudamms, den Untergang der damit verbundenen alten Welt, was auch den Verlust von Heimat und Geborgenheit für die betroffenen Menschen bedeutet und letztendlich mit der Vollendung des gewaltigen und imposanten Bauwerkes endet. Ein wohltemperiertes Klavier, welches den Weg für die Gitarren und das Schlagwerk weist und auch wohl dosierte Bassläufe prägen den ersten Teil, der nach zwei Minuten in einen Prog-Teil mündet, aber nicht unendlich ausufert. Feine Streicher übersäen die tönerne Flora wie tausende Ameisen, die ein imposantes Bauwerk vollenden wollen. Sehr angenehm wirken die nylonbespannten akustischen Gitarren, die mit den Keyboards ein musikalisches Netzwerk spinnen. Aber auch das wird aufgelöst und in bedrohliche Timbres überführt. Tenorstimmen treten aus dem Hintergrund in das Geschehen ein und schaffen Platz für die elektrische Gitarre, die dann über und in allem zu schweben scheint. Dieser Teil wird in ein optimistisches Intermezzo überführt und die sich anschließenden Tastentürme durch das Klavier aufgelöst …
Die ersten 22 Minuten enden dann mit den Schlägen einer Kirchenglocke. Das erinnert an die in Reschen versunkene Kirche im See.
http://www.pervan.de/reiseberichte/Bild ... irche*1912

Teil Zwei stellt somit den Anstau und die Zurückhaltung der Wassermassen dar. Zuweilen fremdartige, asiatische Klanggebilde leiten diesen Teil ein, der sich jedoch in den nächsten 19 Minuten von der Melancholie zum Optimismus wendet. Die bedrohlichen Stimmen (nun von den Keyboards erzeugt) blubbern aus der Tiefe des Stausees in dem sie schlussendlich verschwinden. Sie sind Sinnbild für die verschwundene Landschaft, die die Heimat für die versunkene Fauna und Flora waren.

Tastenklänge, die wie leise Flötenklänge entspringen sich mit anderen Instrumenten majestätisch erheben, verbinden und sich mit all den Farben und Kräften dieser Welt und die Natur erobert auf ihre Weise das verloren geglaubte wieder zurück. Die Musik erschafft wie die Natur etwas Neues und Wundervolles. All das kann man in den Kompositionen ergründen …

Das Akustik-Gitarren-Outro im Stile eines Steve Rothery (Made Again, Part 1) vollendet dieses nie aufdringliche Meisterwerk eines bescheidenen Künstlers und seiner Kollegen und schafft einen Ort für die Freunde, die sich an den funkelnden Wassern dieses Sees finden und auf einem kleinen Boot im Vogelgezwitscher dieser Welt dem Alltag entschwinden.

Fazit: Ein Klangkörper der in jede wohlsortierte Sammlung gehört und in meinen Top-10 von 2009 landen wird. Auch nach mehrmaliger „Anhörung“ kann ich keine Schwachpunkte oder „Längen“ ausmachen, die ich auch ehrlich widergeben würde. (9,5 von 10 Punkten)
JJG
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