Re: der olympia 2008 thread
von Bin-Baden » 10.08.2008, 16:21
hab mal was ganz interessantes zum thema gefunden...
Das wahre Peking
Himmlischer Friede unter Kontrolle
Von UWE BÖDEKER
Peking – Mit der gigantischen Eröffnungsfeier und den ersten Wettkampftagen haben die Chinesen eindrucksvoll ihr Organisationstalent unter Beweis gestellt.
Neueste Meldungen › Mehr aus Olympia › Keine Frage: Den Zuschauern daheim werden perfekte Spiele präsentiert. Prächtige Stadien, grüne Parkanlagen, modernste Busse, strahlende Helfer und enthusiastische Fans. So glänzt der Olympia-Park.
Doch Peking hat auch ein anderes Gesicht. Das zu zeigen, ist allerdings gar nicht so einfach – unerwünscht von der Kommunistischen Partei Chinas.
Ich verlasse das Olympia-Gelände, will die Stadt „ungeschminkt“ erleben. Schon am Taxistand nahe dem Pressezentrum nimmt mich ein Mann mit einem großen Block in Empfang: „Sie wollen ein Taxi? Wohin geht es?“ Er schreibt alles auf. Ob ich ab hier beschattet werde? Ein Gerücht geistert seit Tagen umher: 70.000 Taxen in Peking werden angeblich abgehört. Also beim Telefonieren bloß nichts Falsches sagen.
Nach 30-minütiger Fahrzeit (kostet umgerechnet drei Euro) setzt mich der Fahrer an der Xidan Beidajie ab, mitten in einem pulsierenden Einkaufsviertel. Vor allem Jugendliche shoppen sich hier durch die großen Kaufhäuser. In einigen gibt es nachgemachte Designer-Klamotten zu Spottpreisen. Doch während Olympia ist das Angebot an illegalen Plagiaten fast ganz verschwunden. Ein Foto im Kaufhaus ist auch nicht erlaubt. „No, no“, winkt die Verkäuferin ab und verschwindet hinter einem Vorhang.
Ich will weiter, gehe durch kleine Gassen. Lässig geht es hier zu. Einige Männer machen auf Steinbänken ein Nickerchen, andere rollen auf rostigen Dreirädern über den Asphalt oder beladen ihren Lkw mit Pappkartons.
Fotografiert werden mögen die meisten Chinesen nicht. Sie haben Angst, später von der Polizei ausgequetscht zu werden. Schließlich werden die Einwohner von 300.000 Kameras in der Stadt kontrolliert. Will ein Chinese ausländischen Journalisten ein TV-Interview geben, muss er später einen Fragebogen ausfüllen. Die Partei will alles unter Kontrolle behalten.
Richtig offen sind die Chinesen nur, wenn Kinder dabei sind. Sie werden gerne präsentiert, jeder Papa, jede Mama ist stolz, wenn man die Kleinen anhimmelt. Ich erreiche den Platz des Himmlischen Friedens. Hier hängt immer noch ein riesiges Porträt von Mao (unter seiner fast 30-jährigen Herrschaft starben 50 Millionen Menschen). In den letzten Tagen konnte kein Tourist die historische Stätte mit der U-Bahn erreichen.
Sie hielt hier einfach nicht an. Die Chinesen hatten vor der Eröffnungsfeier Angst vor Ausschreitungen oder Demonstrationen an dem geschichtsträchtigen Ort, wo vor 19 Jahren 3000 Menschen bei Demos für die Demokratie starben, riegelten deshalb alles weiträumig ab. Doch jetzt herrscht wieder reges Treiben, auch wenn weiterhin zahlreiche Soldaten den Platz umringen. Und es sind nicht nur Soldaten, die aufpassen.
Auch Männer in Zivil beobachten jeden meiner Schritte. Ich schaue einem von ihnen lange in die Augen, er fühlt sich ertappt, geht weg. Ich gehe auch, beobachte ihn aber weiter. Nach einer Runde von zwanzig Metern durch die Menge kehrt er zurück und stellt sich wieder auf seinen „Posten“. Ich lasse ihn in Ruhe, er lässt mich in Ruhe.
Nein, es ist nicht so, dass mich die Kontroll-Chinesen komplett einschränken, aber ein beklemmendes Gefühl ist es trotzdem.
Wie auch schon bei der Eröffnungsfeier: Hinter mir saß ein ganzer Block Sicherheits-Mitarbeiter. Die haben mit riesigen Fotoapparaten alles und jeden im Stadion geknipst. Als ich das beobachtete, schaute einer grimmig rüber und deutete mir an, ich solle mich sofort wieder umdrehen. Man darf hier schließlich nur das glänzende China sehen…
the future of mankind reveals what must be done
to manifest through time